Wie sieht es eigentlich mit der Hilfsbereitschaft in China aus? Dazu habe ich schon zwei unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Vorweg will ich sagen, dass das auch nur Momentaufnahmen waren und sicher nicht auf die Allgemeinheit schließen lassen. Aber dennoch sind sie sehr interessant.
Szenario 1: Starker Regen und glatte Fußböden
In den Metrostationen ist meistens ein glatter Fußboden, was bei diesem Wetter manchmal zu unerwünschten Rutschpartien führt. Kurz nach einer Treppe rutscht eine Frau aus, aber niemand hilft. Als ich ihr helfen will, nimmt sie ihre Hand weg und beeilt sich wieder auf die Beine zu kommen.
Am Anfang konnte ich mit der Situation nicht so richtig etwas anfangen, aber das hat sich dann im kulturellen Training geklärt. Nach Aussage unseres Trainers verhält es sich so, dass wenn ich helfe ich automatisch damit sage, dass ich die Schuld für die Sache trage. Sprich ich habe der Dame geholfen, daher nehme ich die Schuld auf mich, dass sie ausgerutscht ist. Wir sollten uns auch nicht wundern, bei Autounfällen verhält es sich teilweise genauso.
Das war schon ein starkes Stück, womit ich nicht mehr gerechnet hätte. Im Büro sind die Kollegen nämlich sehr hilfsbereit, wenn es ein Problem gibt.
Szenario 2: Das verlorene Handy.
An einem Sonntag waren wir in der Super Brand Mall in Pudong beim Einkaufen. Meine Mitbewohnerin hatte in der Anprobe bei Esprit ihr Handy auf die Wandverkleidung gelegt, dass es nicht im Weg umgeht. In Deutschland wäre oben einfach eine gerade Fläche… nicht so in China. Hier war ein ca. 5 cm breiter Spalt zwischen Wandverkleidung und Wand. Und genau diesen Spalt hat sich das Handy ausgesucht. Natürlich war unten die Wandverkleidung geschlossen, sodass man nicht mehr an das Handy herangekommen ist. Also den Verkäuferinnen Bescheid gesagt. „Just wait a moment“ ist ein Begriff, der eine Wartezeit von ca. 30 Minuten einschließt.
Nach den 30 Minuten ist dann der Hausmeister erschienen und begutachtete die Situation. Unser erster Gedanke war, dass er die Wandverkleidung abmontiert, was aber gar nicht ging. 10 Minuten später kam er mit einem schmalen Kabelschacht zurück. Dieser wurde auf ein L-Profil gebogen und mit Klebeband fixiert, nachdem er sich über die Größe des Handys nochmal vergewissert hatte. Nächstes Problem, er war zu groß, als dass er nach dem Handy hätte angeln können. So wurde schnell eine kleine Verkäuferin herbeigeholt, eine Deckenlampe ausgebaut, um in den Spalt zu leuchten und dann die Leiter gehalten, während die Verkäuferin nach dem Mobiltelefon fischte. Die ganze Szenerie wurde von einer weiteren Verkäuferin, die für uns zu dolmetschen versuchte, begleitet. Nach mehreren Versuchen konnte meine Mitbewohnerin ihr Handy wieder in den Händen halten. Nach einer Stunde war alles erledigt und der Hausmeister machte sich auf dem Weg zur nächsten Aufgabe.
Das wollten wir aber nicht so ganz stehen lassen und haben dann noch eine große Dose Kekse für die Verkäufer und dem Hausmeister gekauft. Damit hatten sie nicht gerechnet, wollten die Dose auch gar nicht annehmen. Als wir aber dann darauf bestanden haben sie sich sehr gefreut und mehrmals bedankt. Die Freude war in diesem Fall aber auch nicht gespielt, glaube ich.
Und dank dem Kekskauf haben wir auch unsere deutsche Bäckerei „Abendbrot“ entdeckt, wo wir jetzt fleißig deutsche Backwaren ordern und so auch wieder ein Stück Heimat in Shanghai haben…
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